Das Dichterleben des Carl Adam Kaltenbrunner

 

Der 1723 geborene Benediktiner-Ordenspriester von Lambach P. Maurus Lindemayr war der Begründer der „obderennsischen“ Volksdichtung. Nach diesem waren es insgesamt 22 oberösterreichische Dialektdichter, die bis Ende des 19. Jahrhunderts besonders hervortraten. Aber die besten unter dieser stattlichen Zahl waren entschieden Carl Adam Kaltenbrunner und vor allem Franz Stelzhamer. War P. Lindemayr der „Vater“ der Dialektdichtung, so waren Kaltenbrunner und Stelzhamer die Mitbegründer der Dialektdichterschule. Kaltenbrunner pflegte mit besonderer Vorliebe Dialektgedichte und Erzählungen aus seiner Heimat. Er zählte damals zu den Lieblingen seiner Landsleute. Sein eigentliches Sprachgebiet war der alte Traunkreis Oberösterreichs zwischen den Flüssen Enns und Traun, gleichwie Stelzhamer der eigentliche Repräsentant des Innkreises war.

 

Das dichterische Talent Kaltenbrunners zeigte sich schon in seinen frühen Jugendjahren während seiner Studienzeit 1816 - 1823 in Admont und Linz. So schrieb er 1819 im 15. Lebensjahr das (ungedruckte) Gedicht „Auf den Mauern von Spielberg“.

In der Zeit des Vormärz entwickelte sich in der Landeshauptstadt reges geistiges und künstlerisches Leben, an dem auch der junge Kaltenbrunner lebhaften Anteil nahm. Begünstigt wurde diese Entwicklung durch das von Friedrich Eurich herausgegebene „Bürgerblatt“ und die „Linzer Zeitung“, die Dichtern und Historikern für Publikationen zur Verfügung standen. Kaltenbrunner wurde bald Seele und Mittelpunkt dieses erblühenden literarischen Lebens in Oberösterreich. Er begründete beispielsweise auch die Theaterkritik im Linzer Bürgerblatt.

Es war der Historiker Freiherr v. Hormayr (1781 – 1848) der Kaltenbrunner – so wie mehrere andere österreichische Poeten - in die Öffentlichkeit einführte und das "Archiv für Historie" brachte 1826 Kaltenbrunners erstes Gedicht, eine Ballade. Es folgten nun deren mehrere in Witthauers "Wiener Modezeitschrift" und in anderen Wiener Blättern, Taschenbüchern, Alben und Zeitschriften des In- und Auslandes. Im "Linzer Bürgerblatt" veröffentlichte er seine ersten prosaischen Aufsätze und Noveletten.

 

Sein erstes Mundartgedicht trug Kaltenbrunner öffentlich in Scharnstein vor. Im Jahre 1829, als der Volksgarten in Linz eröffnet wurde, trat Kaltenbrunner mit einem volkstümlichen Gedicht auf. Für diesen in Knittelversen abgefassten Prolog erntete er lebhaften Beifall.

 

Im Jahre 1835 veröffentlichte Kaltenbrunner seine erste Sammlung hochdeutscher Poesien unter dem Titel "Vaterländische Dichtungen". Er geht darin auf die Geschichte des Landes ein und preist vor allem die Schönheiten und die historischen Erinnerungen seines in dieser Beziehung so reichen Heimatlandes.

An den Anfang dieses Gedichtbandes setzte Kaltenbrunner seine 13-strophige Huldigung an sein geliebtes Heimatland mit dem Titel „An Oberösterreich“, von der die erste Strophe lautet:

 

„Ein Knabe noch, - da ich am Uferrande

Der klaren Enns gespielt manch goldnen Tag,

Mir Festungen gebaut vom Wellensande,

Nur froh gehüpft, wie meines Herzens Schlag, -

Erfreut’ ich mich am schönen Heimatlande,

Das hell und weit vor meinen Blicken lag.

Schon glänzte mir des Vaterlandes Sonne,

Ich sah nach ihr, und fühlte frühe Wonne“.

 

In dieser Frühzeit seiner dichterischen Muse schöpft Kaltenbrunner mit Vorliebe aus dem Sagenborn der Heimat und bearbeitet in dieser Gedichtsammlung alte Sagen aus der Vorzeit. Er wählt dazu häufig das erzählende Gedicht – die Ballade – mit dem dramatischen Geschehen. Einige Beispiele sollen dafür sprechen: „Das Burgfräuleich von Wolfsegg“, das eingemauert stirbt, weil ihr der Vater die Ehe mit dem Geliebten verbietet:

 

„So trug sich die Sage von Munde zu Munde

Vom Ahn auf den Enkel fort;

Und heute noch wandelt – ich bürg’ Euch die Kunde,

Im Schloß auf dem Berge dort,

Das stumme Fräulein zur zwölften Stunde.

 

Weitere Schauerballaden sind beispielsweise „Die letzen Schaumburger“, „Die Brüder von Pernstein“ und vor allem die recht gruselige Schauerballade „Der Bau von Reichenstein“.

 

Mit Begeisterung greift der Dichter Kaltenbrunner auch Themen aus der vaterländischen Geschichte auf:

„Österreichs Herzogswappen“ deutet den Babenberger Wappenschild mit den Farben Rot-Weiß-Rot. An ein lokales Ereignis aus der Zeit der Türkenkriege erinnert „Der Belagerte“, womit dem klugen und mutigen Jäger von Losensteinleiten ein literarisches Denkmal gesetzt wird. Im „Stephan Fadinger“ wird in epischer Breite der schicksalhafte Ablauf des oberösterreichischen Bauernkrieges im Jahre 1626 geschildert. Im Krieg Napoleons mit Österreich war für Kaltenbrunner der 3. Mai 1809 „Die Schlacht bei Ebelsberg“ das heldenhafte Ereignis, das er unter diesem Titel poetisch darstellte. Seine patriotischen Gefühle bringt der Dichter zum Ausdruck in der Huldigung „An Österreichs Kaiserpaar Franz und Caroline“, mit der an den Toren von Linz im Oktober 1833 die hohen Gäste begrüßt wurden.

 

In seinem 1835 herausgegebenen Gedichtband „Vaterländische Dichtungen“ besingt Kaltenbrunner in Sonetten Märkte, Städte, Täler, Seen und Berge wie etwa „St. Florian“, „Kremsmünster“,  „Enns“, „Steyr“, „Das Kremstal“, „Das Almtal“, „Das Salzkammergut“, „Die Donau“ u. v. a.
Der Dichter vergisst auch nicht, den Touristen zu empfehlen, mit Muße und Beschaulichkeit zu wandern:


“Nicht, wie der Straße Lauf bequem euch leitet,
Durcheilt das Land auf euren Wanderflügen;
Verweilt und forscht! Nicht lasset euch genügen,
Was eben euch die Fahrbahn ausgebreitet.“

Im Jahre 1838 folgte ein Band „Lyrische und epische Dichtungen“, welchen Kaltenbrunner seinem väterlichen Freund und Schwiegervater Mathias Leopold Schleifer widmete.

 

Zu Ende der Dreißiger-Jahre war es, als Alois Auer, damals Gerichtsdolmetsch der französischen und italienischen Sprache sowie Lehrer der italienischen Sprache am k. k. Lyzeum in Linz, Kaltenbrunner durch seine Dichtungen kennen lernte und zwischen beiden ein freundschaftliches Verhältnis entstand.

Auer ging damals mit der Idee herum, ein großes polygraphisches Staatsinstitut als Hauptverlagsstätte zu gründen und legte diesen Plan auch damals der Regierung vor. Man war von dieser Idee angetan und kurze Zeit darauf, und zwar im Jahre 1841, übergab man Auer die Leitung der k. k. Hof- und Staatsdruckerei in Wien.

Ein Jahr später, 1842, holte Alois Auer, der den C. A. Kaltenbrunner außerordentlich hoch schätzte, diesen in die k. k. Hof- und Staatsdruckerei als Direktions-Adjunkt.

Der Abschied von der engeren Heimat muß Kaltenbrunner schwergefallen sein. Den Trennungsschmerz schildert er im Gedicht „Mein Lebewohl an Oberösterreich“. In den letzten zwei Strophen dieses 8-strophigen Gedichtes heißt es:

 

„Ich mußte scheiden - und das Fahrzeug eilte,

Die Kette deiner Berge schwand vor mir; -

Leb' wohl, mein Land, wo ich so glücklich weilte,

Mit Treue, Lieb' und Dank vergelt ich dir!

Ich will das liebende Gemüt bewahren,

Das du in mir mit mildem Sinn genährt,

Ich bring es dir zurück, wenn einst nach Jahren

Das Schicksal eine Heimkehr mir gewährt!

 

Und du auch, Heimat, wirst mir nicht entrücken,

Wirst nicht erkalten gegen deinen Sohn,

Du brichst nicht hinter mir die geistgen Brücken,

Versagst mir nicht der treuen Liebe Lohn!

Wohl vieles endet, was wir selig hießen,

Und was der Mann als bestes Gut erwirbt;

Du aber, Heimat, wirst mir nicht entrissen,

Du bist mir eine Mutter, die nicht stirbt!“

 

Mit seiner Abreise nach Wien ehrten ihn die Bürger seiner Vaterstadt durch die Verleihung des Ehrenbürgerrechtes.

Kaltenbrunner bezog mit seiner Familie eine Wohnung in der Landstraßer-Vorstadt, einem damals noch sehr ruhigen Stadtteil mit vielen Gärten und Alleen.

 

In Wien entwickelte Kaltenbrunner voll und ganz sein dichterisches Können. Den im besten Mannesalter stehenden Dichter, den sofort die literarischen Kreise willkommen hießen und wohlwollend in ihrer Mitte aufnahmen, umfingen nun die hochgehenden Wogen des Wiener Lebens. Er fand sich auch bald zurecht in der Residenzstadt. Er war - im Gegensatze zu seinem Liedergenossen Franz Stelzhamer, dem fahrenden Sänger - ein sesshafter Mann geworden und konnte sich in seinen freien Stunden der Pflege der Dichtkunst mit ganzer Seele überlassen.

Bei seinen morgendlichen Spaziergängen in den schattigen Kastanienalleen trug Kaltenbrunner stets schmale, längliche Streifen Papiers und kleine Bleistifte bei sich, um die neuen Reime sogleich festhalten zu können. Wenn noch so klein geschrieben, blieb seine Schrift doch stets klar und deutlich und für jedermann leicht lesbar. Kaltenbrunner schrieb ungemein schnell und fließend, was ihm dann später, als er sich im größerem Maße mit dem Verfassen von Erzählungen aus dem oberösterreichischen Volksleben beschäftigte, sehr zu statten kam. Die Stoffe seiner volkstümlichen Geschichten sind durchwegs dem wirklichen Leben entnommen. Kaltenbrunner holte sich diese, wenn er gelegentlich auf kurzen Urlaubsreisen in seiner Heimat weilte. Auch die kleinen Anekdoten, die man ihm in solchen Ferialzeiten mitteilte, wusste er stets dichterisch zu verwerten. Sofern sie ihm als Grundlage mundartlichen Dichtungen in heiterer Richtung dienten, so findet sich auf den Manuskripten häufig die Anmerkung: "Nach einer wahren Begebenheit."

 

Immer wieder packt Kaltenbrunner auch die Sehnsucht nach der Heimat, an die er „Tag und Nacht denken muß“, und er bekennt es eindrucksvoll im Gedicht:

 

I und mein Landel


Du woaßt es, mein Landel
Wia liab alst ma bist,
Weil mein Herz nöt a Stund
Auf sein Hoamweh vagißt.

Und selm bei da Nacht
In mein Tram kimmst ma für,
Und as wann du mein Schatz warst
So röd’ i mit dir!

Der Bam, nu voll Frischen,
Voll Lab und voll Blüeh,
Er hat all’ sein Wurzen
in der Erden vo dir!

 

Noch deutlicher wird unser Dichter, wenn er sich vergleicht mit einem Baum, der vom angestammten Platz an einen anderen verpflanzt wurde:
 

Der versötzte Bam

 

Bist auf dem Platz nöt g’wachsen, -

Ausg’rissen ham s’di wo

Und eing’sötzt da in’n Gartn, -

Ja, d’Stadtleut san schon so!

 

Du stehst da mitten drinnet

Bist fremd da, ghörst nöt he,

Und wann dein March dein Herz is,

So tuet’s da gwiß drin weh!

 

Zu seiner Vaterstadt Enns bewahrte er zeitlebens eine besondere „Liebesbeziehung“, was aus seinen Schriften trefflich zum Ausdruck kommt.

1845 brachte Kaltenbrunner seinen ersten Mundartgedichtband „Oberösterreichische Lieder“, den er ausdrücklich „Meinen lieben Ennsern in eahn kloan’ Stadtl beinander und was zu dera Pfarr ghert“, widmete, heraus.
Im Vorwort bekundet Kaltenbrunner:

 

„Im Jahre 1842 hatte mich aus meiner schönen Heimat das Berufsleben in die Hauptstadt des Kaisertums geführt. Vieles Neue nahm Geist und Tätigkeit in Anspruch und die ernste Muse fand im Kreise literarischer Freunde Stoff und Anregung. Aber bei dem Herannahen des Frühjahres 1843 erwachte im treuen Herzen des Oberländers eine tiefe, mächtige Sehnsucht nach den Bergen und Menschen der Heimat und dieser Drang hatte mich so lebendig ergriffen, dass ich der erregten Fantasie nur spielend zu folgen brauchte, um inmitten meines Volkes zu sein und das niederzuschreiben, was mich erfüllte ……“

 

Ein recht eindrucksvolles Zeugnis aus diesem Buch ist hiefür das Dialektgedicht „In meiner Hoamat“, welches während seiner Wiener-Zeit entstanden ist. Es ist ein überschwänglicher Hymnus auf sein geliebtes Heimatland Oberösterreich und insbesondere auf die Stadt seiner Kindheit – Enns.

Dieses insgesamt 17-strophige Gedicht ist wohl den meisten nur in der mit „Vo Enns bin i he“ übertitelten Kurzfassung bekannt:

 

 

 

 


 

Vo Enns bin i he

 

I kenn a kloans Stadtl,

Außt umi schier schwarz,

Und ös kennts es recht guet,

Weils gar oft duri fahrts!

 

Zwögn a Ölter is's schwarz,

Und drum han i's so gern,

Weil ma d' Jahr, wie bein Leuten,

Dö alt san, mueß ehrn.

 

Das Stadtl hoaßt Enns,

Liegt schen obn auf der Heh,

Is schen lüfti und frisch,

Und va dort bin i he.

 

Von Enns bin i he,

Wo der Thurn alloan steht,

Wo va Linz und va Wean

Dö broad Straß auffi geht.

 

 

 

Wo va Steyr und Mouthausen

A Straßen zsammlaft,

Da hat si – Gott trest' ’n! –

Mein Vater hing’ kaft.

 

Dort hat mi – Gott trest’ s'!

Dö lieb Mueter geborn,

Und so bin i – natürli!

An Ennserkind worn.

 

Bi's worn und bi's bliebn,

Bin i dort oder da,

Denn ma stroaft, wia a Gwandl,

Sein Hoamat nöt a.

 

 

 

 


 

 

Nach dem Dialektband „Oberösterreichische Lieder“ erschienen die Gedichtsammlungen „Alm und Zither“ und „Österreichische Feldlerchen“ Diese in den Jahren 1845, 1848 und 1857 in Linz, Wien und Nürnberg herausgebrachten Gedichtsammlungen verschafften Kaltenbrunner einen ehrenvollen Ruf im In- und Ausland. Nicht nur wegen ihrer Gemütstiefe, sondern auch wegen der Art und Weise, wie der Dichter das Leben im oberösterreichischen Bauernhof und die Sitte im Lande zu schildern weiß, fanden diese mundartlichen Dichtungen auch in Wien so großen Gefallen, daß man den Verfasser dieser Gedichte in Schriftstellerkreisen nicht oft genug hören konnte. Kaltenbrunner war eben auch Meister der Vortragskunst.

Das Wiener Leben jener Tage spiegelte sich in Kaltenbrunners Dichtungen und es findet sich manch wertvoller Beitrag zur Lokalgeschichte der Residenzstadt im Nachlass. Erwähnenswert wäre beispielsweise das Poem "Deutscher Männergesang" zur Gründung des Wiener Männer-Gesangvereines. Die Wiener Frohnatur, die ewig heitere Laune der Bewohner der Donaustadt übten auf die Dichtart Kaltenbrunners unverkennbaren Einfluss aus.

 

Seine Verbundenheit mit der Heimat Oberösterreich dokumentiert Kaltenbrunner noch auf andere Weise: Er ist der Herausgeber der oberösterreichischen Jahrbücher 1844 und 1845 für Literatur und Landeskunde, welche dann ab 1854 in den Volkskalender „Der Oberösterreicher“ übergegangen sind. Besonders bemerkenswert ist, dass Kaltenbrunner 1843 zugunsten der durch einen Großbrand in Spital am Pyhrn schwer geschädigten Bewohner das „Album aus Oberösterreich“ initiierte und herausgab, das die oberösterreichischen Dichter zum ersten Mal in einem Almanach vereinigte.

 

Kaltenbrunner stand auch mit gelehrten Vereinen für Sprachforschung im regsten Verkehr und war deren hochangesehenes Mitglied. Er bekämpfte fortgesetzt die irrtümliche Meinung, die obderennsische Sprechweise sei bloß eine entstellte Abart aus dem Hochdeutschen. Als überzeugten Oberösterreicher, der mit vollem Herzen in seiner Heimat verwurzelt war, galt es ihm als wichtigste Lebensaufgabe, den obderennsischen Dialekt im ganzen deutschen Sprachgebiete Ansehen und Beachtung zu verschaffen. Jahre hindurch beschäftigte er sich fast ausschließlich mit Dialektdichtung und Dialektforschung. Um die Früchte seiner Phantasie jenem Volk mundgerecht zu machen, unter dem er aufwuchs und die schöne Jugendzeit verlebte, bemerkte er sehr weise:

 

"Was ma hert als a Büebl und gwehnt und derlöbt,

Wird in’n Hirnkammerl g'mörkt und in’n Herzen aufghöbt.

Mit'n Röd'n, wie ma woaß, is’s dö nämlige Sach,

D'rum hat ma so gern va der Hoamat sein Sprach. "

 

Eine Eigenartigkeit - die aber gerade seine Verbundenheit mit dem Volke am meisten beweist - sind seine „Schnadahüpferln“, und so schließt mit Recht der Literaturhistoriker Prof. Dr. Josef Wihan daraus, „die Liebe des Dichters zu seinem Lande ist nicht bloße Redensart, sondern tiefe, echte und bewusste Empfindung“.
Einige Beispiele sollen dies verdeutlichen:

 


’s hoamlige Rödn

Is nöt schen und nöt recht!

Is ’s was Guets, so sag’s laut,

Und ghalt drinnat das Schlecht.

 

Oans alloan is nie schuld;

Es is dös und is ’s das!

Er ’s Reinl, sie ’s Höferl –

Es bricht an ieds was.

 

’s Schmarotzen is wild,

Wannst nix hergibst dafür!

Habnt da d’ Leut öbbas göbn,

So – wölln s’ a was va dir.

 

Wiest eini schrei’n thuest,

So schreit’s aussa von ’n Wald:

Und a Grobheit gögn d’Leut

Wird Oan’n a wieder zahlt.

A Gwöhnat, an alte,

An eiserne Pfoad!

Und ma stöckt aso drin,

Wie der Sabl in der Schoad.

 

Ava nöt, as wie oaner,

Denst außa glei ziegst,

Nan! Er is so verrost’t

Dast di plagst, bist ’n kriegst.

 

Schau, alleweil is ja

Der Himmel nöt schwarz!

’s wird schon wern, was nöt is,

Laß da Zeit, und derwart ’s!

 

A Freud is ’s zun löbn,

Und ma hat a oft Plag

Ava – kimmt den nöt wieder

An anderner Tag?

Daß ’s annerswo schener

Is, geht iebel d’ Röd,

Kann schon seyn, sag i drauf,

Ava glaubn tuen i ’s nöt.

 

Wann ’s annerswo bösser

Is, - non, so is ’s recht!

Ava gspürn thue i nix,

Daß i wögkemma mecht.

 


Besonders erwähnenswert ist seine Sammlung „Sprichwörter und Redensarten nach der alten Volkssprache im Lande Österreich ob der Enns“. Kaltenbrunner sagt selbst, dass sich in diesen Sprüchen und Redensarten der ganze Charakter des Volkes in seinen guten und minderguten Eigenschaften spiegle. Dieses umfangreiche, jedoch ungeordnete Werk wollte Kaltenbrunner noch bearbeiten. Dazu ist es leider nicht mehr gekommen. In diesem Zusammenhang ist erwähnenswert, dass die „Tagespost“ vom 19. 12. 1867, Nr. 292, schreibt:

„Der Schriftsteller Rank bereitet die Herausgabe eines Theiles des literarischen Nachlasses seines verblichenen Freundes, des vaterländischen Dichters K. A. Kaltenbrunner, für die Drucklegung vor. Vielleicht interessiert sich ein gewandter Germanist auch für die Herausgabe der im Nachlasse des dahingeschiedenen befindlichen, zur Kenntniß deutscher Art und Sitte sehr lehrreichen Sammlung von Sprichwörtern und Redensarten aus Österreich.

So ein qualifizierter und gewandter Germanist hat sich allerdings bis dato nicht gefunden. Demnach befindet sich diese interessante Sammlung nach wie vor in losen Zetteln im Museum Lauriacum und harrt der kundigen Hand eines Fachgelehrten, um es druckreif zu machen. Der Kulturhistoriker würde darin manch Beachtenswertes finden! (P.S. Eine wichtige Vorarbeit wurde allerdings zwischenzeitlich vom Urenkel des Dichters, MedR. Dr. Ulrich Kaltenbrunner, mit der Übertragung dieser handschriftlichen Aufzeichnungen in Maschinschrift, geleistet).

Teils aus früherer Neigung, hauptsächlich aber angeregt durch die sprachlichen Aufgaben und Leistungen der k. k. Hof- und Staatsdruckerei, in der Kaltenbrunner ein Viertel Jahrhundert tätig war, beschäftigte er sich stets mit Sprachstudien, namentlich über die seines Heimatlandes, gleichwie über das Sanskrit, worüber er in den Jahren 1846/47 bei Boller an der Wiener Universität Vorlesungen hörte.

Kaltenbrunner übersetzte unter anderem auch einen Zyklus alemannischer Dichtungen von Johann Peter Hebel in die Sprache seiner Heimat.

 

Schon früh versuchte sich Kaltenbrunner auch mit Bühnenstücken und schrieb einige dramatische Werke. Bekanntlich hatte er als Jugendlicher in der bürgerlichen Dilettantengesellschaft Enns mitgewirkt und als 18-jähriger 1822 das Drama in drei Akten „Edelsinn und Rache“ bühnenreif niedergeschrieben. Bald darauf folgte „Die Posse“, „Die beiden Freier oder wir bleiben die Alten“. In den Jahren 1826/1827 entstanden das zweiaktige Drama „Die Brüder“, das Lustspiel „Der Rocktausch“ und „Die Ankunft des Bräutigams“.Die Reihe der Frühwerke schließt mit den Trauerspiel in fünf Aufzügen „Die Söhne“. Dem Zeitgeschmack entsprechend sind die Handlungen Verwechslungskomödien und Schwarzweißmalereien, in denen sich Ehrenmänner und Schurken gegenüberstehen.


Drei große Dramen erlebten auch Aufführungen:
"Konstantin Xl., der letzte griechische Kaiser ", eine fünfaktige Tragöde mit einem Vorspiel ,,Der Streit um die Krone," wurde 1836 im Landestheater Linz uraufgeführt. In diesem historischen Drama verarbeitet Kaltenbrunner den großartigen Stoff einer ereignisreichen, verhängnisvollen Epoche, nämlich den Untergang eines welthistorischen Reiches. Mit dem Drama „Ulrike“, in dem das Zerwürfnis zwischen Dänemark und Schweden zur Darstellung gelangt und das Ende des 16. Jhdt. in Stockholm spielt, fand Kaltenbrunner sogar in das Burgtheater Eingang (Uraufführung Wien 1845). Das dritte große Theaterstück vom Dichter als Nationales Volksdrama mit Gesängen bezeichnet, „Die drei Tannen“, wurde 1862 im Wiener Karltheater uraufgeführt.
Zu erwähnen sind noch drei unbekannte dramatische Bearbeitungen, die sich im Nachlaß befinden: „Der Wolf“, historisch-romantische Tragödie in 5 Aufzügen. Die Handlung spielt zwischen 1208 und 1214 in Bamberg, Aachen, Konstanz und Harzburg. „Die Weißen und Schwarzen“ ist ein nationales Original-Charakterstück in vier Akten. Die Handlung spielt in neuerer Zeit in der Umgebung von Steyr. Schließlich ist noch zu nennen „Die beiden Vormoser“, ein nationales Volksdrama mit Gesang in vier Akten. Ort der Handlung ist das Voralpengebiet nahe der Grenze zur Steiermark.

Besonders fruchtbar erwies sich Kaltenbrunner als Erzähler. Die Geschichten sind aus dem Volksleben geholt. Die handelnden Personen sind Bauersleute, meist arme aber rechtschaffene Menschen, die fleißig um ihr Dasein ringen. Ihnen gegenüber sind die Geizhälse, die schließlich erkennen müssen, dass sie nichts in ewige Leben mitnehmen können. Ein häufiges Motiv ist auch das von zwei Rivalen begehrte Mädchen.
Die Erzählungen heißen beispielsweise: „Die Ahnl Regina“, „Der arme Lotteriespieler“, „Der rätselhafte Schuß“, „Der Stellvertreter“, „Sepp der Holzknecht“, „Die kaiserliche Audienz“, „Die Politiker“. Auf eine wahre Begebenheit rührt sein Stück „Ein seltsamer Mann“. Es handelt sich hiebei um die Geschichte des Franz Xaver Treuer, der Anfang des 19. Jhdts. Besitzer des schlossähnlichen Herrensitzes Forstberg Nr. 1 war und der Student Kaltenbrunner häufiger Gast bei diesem Hausherrn war. Mit dieser Novelle setzte er diesem „Sonderling“ ein literarisches Denkmal.

Unter den Kurzgeschichten – Noveletten genannt – ist besonders erwähnenswert „Der St. Georgenberg bei Enns“, den er landschaftlich, historisch und als sagenumwobenen Ort zu würdigen weiß. Interessant ist weiters die Tatsachen-Schilderung eines Ausfluges „Der Laudachsee am Traunstein“.

 

Im Jahre 1860 begann Kaltenbrunner im "Volkskalender des Vereines zur Verbreitung von Druckschriften für Volksbildung" die Veröffentlichung von Dorfgeschichten aus Oberösterreich. Später erschienen sie gesammelt unter dem Titel "Aus dem Traungau. Oberösterreichische Dorf- und Volksgeschichten".

 

Wenngleich Kaltenbrunner in seinem dichterischen Schaffen die verschiedensten Formen der Lyrik behandelte, so erkannte er bald, dass seine Stärke auf dem Gebiet des Mundartgedichtes gelegen war und dieser Gattung blieb er auch treu bis zu seinem Tode. Neben den schon erwähnten drei Mundartgedichtsammlungen finden sich noch eine große Anzahl von Dialektgedichten in den verschiedensten Zeitungen und Zeitschriften verstreut. Vieles blieb auch Manuskript und ist im handschriftlichen Nachlass Kaltenbrunners, welcher sich im Museum Lauriacum seiner Vaterstadt Enns befindet, enthalten.

Kaltenbrunner wollte seine letzten Lebenstage in seiner geliebten Heimatstadt Enns beschließen und auch dort begraben werden. Er starb am 6. Jänner 1867 unerwartet im 63. Lebensjahr noch in seiner Dienstzeit und fand seine letzte Ruhestätte am Matzleinsdorfer Friedhof in Wien.

 

Die Vereinszeitschrift „Der Wanderer“ widmete dem Verstorbenen folgenden Nachruf: „Das Leichenbegängnis Kaltenbrunners fand gestern Nachmittag 4 Uhr in der Karlskirche auf der Wieden statt. Unter den zahlreich erschienenen Freunden des Verewigten bemerkte man viele Mitglieder des Schriftstellervereines Concordia und mehrere Gelehrtenvereine, Künstler. Nach der feierlichen Einsegnung und nachdem der Wiener Männergesangsverein einen Trauerchor gesungen, wurde der mit einem Lorbeerkranz geschmückte Sarg von Beamten der Staatsdruckerei an einen vierspännigen Galawagen gehoben und gefolgt von einer langen Reihe von Equipagen nach dem Matzleinsdorfer Friedhof gebracht. J. Weyl widmete im Namen „Hesperus“ dem dahingeschiedenen Freunde ein Gedicht in österreichischer Mundart.“

 

Die Grabstätte des Dichters C. A. Kaltenbrunner existiert nicht mehr. Der Matzleinsdorfer Friedhof wurde bereits aufgelassen.

Von diesen großartigen Menschen Kaltenbrunner kündet vor allem noch das 1904 errichtete Denkmal am Dingolfinger-Platz in Enns (ehemals Schmiedpark bzw. Kaltenbrunner-Hain).

 

Dem Schöpfer des Kaltenbrunner-Denkmals, dem Wiener akademischen Bildhauer Josef Beyer, diente als Grundlage für sein Werk die sehr gelungene und lebensechte Lithographie des Meisters Kriehuber aus dem Gedichtband „Oberösterreichische Lieder“ vom Jahre 1845. In diesem den Ennser Bürgern gewidmeten Gedichtband bezieht sich Kaltenbrunner im Schlussgedicht „Mein Bild“ offensichtlich auf dieses Porträt. Die Endzeilen dieses Gedichtes lauten:

 

“So bein enk will i sein,
Wann’s a oanst amal hoaßt:
Er is  draußt – suech’n hoam,
Wannst sein Ruehplatzel woaßt!“

Dieser sein letzter Wunsch ging ihm jedoch nicht in Erfüllung.

 


Das Familienleben des Ennser Dichters Carl Adam Kaltenbrunner

Carl Adam Kaltenbrunner wurde am 30. Dezember 1804 in Enns geboren. Er entstammt einer uralten und vielverzweigten Sensenschmieddynastie, die im oberösterreichischen Kremstal ansässig waren. Sein Großvater, der das Werk "Am Windhof" in Micheldorf besaß, kaufte für seinen Sohn Caspar Kaltenbrunner im Jahre 1803 das Gasthaus "Zur goldenen Krone" in Enns, Linzerstraße 21. Die Großeltern suchten zudem für ihn, der schon seit frühester Jugend einen starken Hang zur Melancholie entwickelte, eine passende Lebensgefährtin. Sie fanden diese in der tüchtigen und resoluten Tochter des Dorfwirtes Prenner in Stein bei Steyr. Der damals 22-jährige Vater unseres Dichters verehelichte sich noch im selben Jahr mit der Anna Maria Prennerin und das junge Ehepaar bewirtschaftete sodann den Gasthof "Zur goldenen Krone" in Enns. Aber schon ein Jahr später - der Erstgeborene Carl-Adam war kaum ein Jahr alt - verkaufte Caspar Kaltenbrunner dieses Haus und übersiedelte mit seiner Familie nach Scharnstein im Almtal, wo er die Taverne Liedau, einen schönen Besitz mit großen Liegenschaften, erwarb.

Als unruhiger Geist hielt es ihn dort nicht lange und die Sehnsucht nach Enns zog ihn wieder in das alte Städtchen. Im Jahre 1808 erwarb er das Haus Nr. 6 in der Wiener Straße (damals Haus Nr. 101 und ehemaliges Priesterseminar), welches noch heute grundbücherlich als "Kaltenbrunner-Haus" aufscheint.

Hier fand das Kind Carl Adam endlich seine ständige Bleibe und es erlebte - abgesehen von den Schrecknissen der napoleonischen Kriegsfurie - eine überaus glückliche Kindheit in Enns. Zudem genoss er und auch seine nachgeborenen Geschwister Franz, Josef, Ferdinand und Rosalia durch seine über alles geliebte Mutter eine ausgezeichnete Erziehung. Die Mutter Kaltenbrunners musste bei ihren fünf Kindern auch Vaterpflichten erfüllen und für sie allein sorgen. Der Vater, der an der Erziehung seiner Kinder keinen Anteil nahm, war ein menschenscheuer Mann, ein Melancholiker und Sonderling, der sich um Wirtschaft und Kinder wenig kümmerte.

1809, als Napoleon "Bonaparte" mit seiner Armee heranrückte, schickte die bekümmerte Mutter drei der Kinder zu ihren Eltern nach Stein und bewog ihren verzagten, gemütskranken Mann, bei Verwandten im Gebirge Zuflucht zu suchen. Kinder und Gatten ließ sie erst wieder heimkommen, nachdem die Franzosen Enns geräumt hatten. Viele der Ennser Bürger, darunter auch Kaspar Kaltenbrunner, hatten durch den Franzoseneinfall (sie mussten 6000 Soldaten mit ihren Pferden versorgen) eine empfindliche Einbuße an ihrem Hab und Gut erlitten. Von diesem Verlust konnte sich der Vater geistig nicht mehr erholen, zumal er durch den späteren Staatsbankrott 1811 (verursacht durch die enormen Kosten der Napoleonischen Kriege), fast sein gesamtes Vermögen verloren hatte. Er verstarb 1818 im Alter von 38 Jahren als hochgradiger Melancholiker.

Welches Aussehen hatte nun dieses Enns zur Zeit Carl Adam Kaltenbrunners? Seine Geburtstadt war damals noch ein kleines Landstädtchen, in dem er seine Kindheit verbrachte. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts zählte Enns etwas über 3000 Einwohner und hatte keine 400 Häuser. Es war das biedermeierliche Enns mit der noch erhaltenen Befestigung, mit Ringmauer, Wall und Graben, den Türmen und Stadttoren. Der "Thurnermeister" hielt mit seinen Gesellen Wache auf dem Stadtturm. Marmorbrunnen zierten den oberen und unteren Stadtplatz. Handel und Verkehr belebten Straßen und Plätze und die vielen Wirtshäuser. Betriebsamkeit herrschte im Hafen in Enghagen an der Donau, wo die "Stadler" das Salz auf "Traunern" von Gmunden herabbrachten. Vo den Ennser Schiffmeistern wurde es die Donau abwärts transportiert. Das gesellige Leben fand bei Faschingsunterhaltungen, beim Landlertanz, Bestkegelscheiben, Schlittenrennen, Schützenfesten und Aufführungen der bürgerlichen Theatergesellschaft seine Erfüllung. Auch die Bürgergarde zählte zum gesellschaftlichen Erscheinungsbild der landesfürstlichen Stadt Enns.

In diesem Milieu wuchs Kaltenbrunner auf. Hier verlebte er überaus glückliche Kindheit - wie es auch in seinen Erzählungen und Gedichten immer wieder zum Ausdruck kommt.

C. A. Kaltenbrunner erbte vom Vater die äußere Erscheinung und glich ihm nach der Figur und den Zügen. Er war von mittlerer Größe und hatte eine schöne, regelmäßige Gesichtsbildung und glänzendes schwarzes Haar sowie schöne "kaiserblaue" Augen mit einem stets sinnenden, träumerischen Blick, der jedermann so außerordentlich sympathisch berührte.

Die zielbewusst und energisch vorgehende Mutter hatte es verstanden, ihre Söhne zu tüchtigen Männern heranzubilden; vor allem erkannte sie bei ihrem großen Liebling, Karl, schon vom ersten Schuljahr an die außergewöhnliche Begabung, den Eifer und Fleiß und eine rege Wießbegierde. Nach der Volksschule in Enns (damals Fürstengasse Nr. 2) von 1810 - 1816 brachte sie den 12-jährigen Karl zu Verwandten ihres Mannes nach Admont, wo er im damals berühmten Benektiner-Stiftsgymansium die weitere Schulbildung bis 1821 absolvieren konnte.

Weil aber das Admonter Gymnasium nach Judenburg verlegt wurde, bedrängte Carl-Adam seine Mutter, die 1820 den verabschiedeten Offizier Josef Wegerer geheiratet hatte und nach Linz in die Stieglitzgasse Nr. 70 übersiedelte, seine Studien, für die er von der Stadt Enns das "Hierstallische Stipendium" verliehen bekam, in Linz fortsetzen zu können. Das Staatsgymnasium Linz zählte als Lyceum bereits zur Hochschule, so dass die Absolventen schon "Akademiker" waren.

Nach Abschluss seiner schulischen Ausbildung (Kaltenbrunner maturierte mit bestem Erfolg) trat er im Jahre 1823, im Alter von 19 Jahren, bei der k. k. Staatsbuchhaltung in Linz in den Staatsdienst. Über seine dortige Beamtenlaufbahn ist kaum etwas bekannt; wir wissen auch wenig über seine Lebensführung.

1825 übersiedelte die Familie in die Waaggasse Nr. 70. Carl Adams Mutter starb am 28. 2. 1825 an Brustkrebs. Drei Monate nach ihrem Tod ersteigerte ihr Gatte und Stiefvater Carl Adams, Josef Wegerer, das Haus Nr. 306 am unteren Graben, heute Graben Nr. 5.

Hier in Linz war es auch, wo er seine erste Frau, Pauline, geborene Kner, kennen lernte und 1834 ehelichte. Es wird berichtet dass sie, Tochter des Landesbeamten Johann Kner in Linz und der Barbara Kner, geborene v. Adlersburg aus Kremsmünster, eine sehr gebildete, geistreiche und gemütvolle Frau war. Dieser ersten und sehr glücklichen Ehe entsprossen vier Kinder: Johanna, Karl, Rudolf und Albert. Die Familie wohnte zunächst im Haus Nr. 14 an der Unteren Promenade (heute Palmersgeschäft), ab 1836 in der Baumbachstraße Nr. 14 und ab 1842 in der Herrengasse.

Die Linzer Jahre waren für das dichterische Schaffen Kaltenbrunners von entscheidender Bedeutung. Das schon während der Studienjahre offenkundig gewordene dichterische Talent kam immer mehr zur Entfaltung und es scheint, dass Kaltenbrunner zum Mittelpunkt des aufblühenden literarischen Lebens in der Provinzhauptstadt und im Land ob der Enns geworden ist.

1842 kam ein großer Wendepunkt in Kaltenbrunners Dasein: Sein Landsmann Alois Auer - der damals die Stellung des Direktors der k. k. Hof- und Staatsdruckerei in Wien bekleidete und den Fleiß und die Arbeitskraft des Beamten Kaltenbrunner kannte und schätzte - veranlasste seine Berufung als zweiten Oberbeamten (Direktionsadjunkt) an dieses Institut. Kaltenbrunner folgte diesem ehrenvollen Ruf und wurde dort 1859 offiziell zum Vizedirektor bestellt, wiewohl er dessen Agenden schon von Anfang an bekleidete.

Als Kaltenbrunner von seiner über alles geliebten Heimat, an der er mit allen Fasern seines Herzens hing, scheiden musste und mit seiner Familie nach Wien übersiedelte, ehrte ihn seine Vaterstadt Enns durch die Verleihung des Ehrenbürgerrechtes; der Dichter selber aber drückte seine Gefühle und den Abschiedschmerz in dem Gedicht "Mein Lebewohl an Oberösterreich" aus.

In Wien wohnte C. A. Kaltenbrunner mit seiner Frau und den vier Kindern in der Landstraßer-Vorstadt - zunächst in der Waaggasse im Traunischen Haus Nr. 514 und dann später in der Salesianergasse Nr, 8. Er liebte diesen Vorstadtteil wegen der vielen Gärten und Kastanienalleen. Dort in den frühen Morgenstunden promenierend fand er die richtige Muse zum Dichten.

Ein schwerer Schicksalsschlag war für ihn der Tod seiner Gattin Pauline, die am 29. Oktober 1843 an den Folgen eines Herzschlages starb. Für den sentimental veranlagten und zur Melancholie neigenden Dichter war die Erholungsreise mit dem befreundeten Grieskirchner Dichter Otto Prechtler quer durch Deutschland bis an die Nordsee und nach Helgoland eine seelische Kraftquelle. Diese Reise gab auch Gelegenheit zu Kontakten mit geistesverwandten Persönlichkeiten.

Der Witwer C. A. Kaltenbrunner fand eine neue Lebensgefährtin in der Tochter Theresia des mit ihm befreundeten Dichterkollegen Mathias Leopold Schleifer, k. k. Bergrat in Gmunden. Die Ehe mit Theresia Schleifer wurde am 7. September 1844 in der Karlskirche geschlossen.
Den vier Kindern aus der ersten Ehe folgten noch drei aus der zweiten Ehe und zwar Hedwig Anna (verehel. Hedwig von Radics-Kaltenbrunner, Schriftstellerin), Marianne und Gustav. Für alle war Kaltenbrunner ein treu sorgender Familienvater und er liebte seine Familie über alles; er lebte nur für sie und es schmerzte ihm am meisten, wenn er so manche Wünsche und Bedürfnisse wegen mangelnder Mittel nicht gewähren konnte. Er versagte sich selbst alles; er schickte seine Familie während der heißesten Monate auf Sommerfrische und vergönnte sich kaum selber solche Wohltaten. Auch auf eine gute Erziehung der Kinder legte er viel Wert und widmete ihrer Ausbildung täglich selbst ein paar Abendstunden.

Am gesellschaftlichen Leben in der Reichshauptstadt nahm Kaltenbrunner regen Anteil. Er war ein beliebter und gern gesehener Gast in künstlerischen und literarischen Zirkeln und Vereinigungen.

In seiner hohen beruflichen Stellung, die Kaltenbrunner 25 Jahre hindurch in der k. k. Hof- und Staatsdruckerei bekleidete, blieb er immer ein sehr bescheidener, liebenswürdiger und ob seiner fachlichen und persönlichen Qualitäten allseits geschätzter Vorgesetzter.

Im Revolutionsjahr 1848 geriet er wegen seiner maßgeblichen Stellung in der Staatsdruckerei in eine äußert kritische Situation. Sein patriotisches und unerschrockenes Auftreten als zutiefst "kaisertreuer" Staatsbeamter den Revolutionären gegenüber hätte ihm bald das Leben gekostet.

C. A. Kaltenbrunner starb am 6. Jänner 1867 nach kurzer Krankheit im 63. Lebensjahr an den Folgen einer Darmverschlingung. Die Trauer um den so früh Verstorbenen war allgemein sehr groß. An dem Leichenbegängnis, welches am 9. Jänner vom Hause Nr. 8 in der Salesianergasse wegging, beteiligten sich außergewöhnlich viele Menschen. C. A. Kaltenbrunner wurde auf dem Matzleinsdorfer Friedhof beerdigt.

Sein sehnlichster Wunsch, in seiner über alles geliebten Vaterstadt Enns die letzten Lebenstage zu beschließen und begraben zu werden, ging leider nicht in Erfüllung.
Der Matzleinsdorfer Friedhof wurde 1879 für weitere Begräbnisse gesperrt und 1924 in den Waldmüllerpark umgestaltet. Es wurden damals 100 sehenswerte Grabmäler  von historisch-künstlerischem Wert (darunter auch das Grabmal von C. A. Kaltenbrunner) zu einem Gräberhain - der allerdings verschlossen ist - zusammengestellt.

 


Das Dienstleben des Ennser Dichters Carl Adam Kaltenbrunner

Nach Abschluß seiner Studien im Staatsgymnasium Linz trat der 19-jährige C. A. Kaltenbrunner im Jahre 1823 bei der Staatsbuchhaltung in Linz ein, wo auch sein Stiefvater Josef Wegerer und der bekannte Topograph Benedikt Pillwein tätig waren. Ansonsten wissen wir über die Linzer Dienstzeit wenig.

Es ist allerdings anzunehmen, dass Kaltenbrunner sehr tüchtig gewesen sein muß, da er 1836 einen Karrieresprung "über 5 Köpfe hinweg" machte, obwohl das "in der Provinz eher ungewöhnlich ist". Am 28. 5. 1836 legt er den Diensteid als neuernannter Rechnungshofoffizial ab.

Vom 31. 10. 1837 bis 7. 2. 1838 ist Kaltenbrunner auf Dienstreise in Salzburg. Er führt als Offizial zahlreiche Überprüfungen durch, wird mehrmals von Kardinal Fürst Schwarzenberg und der Witwe Mozarts empfangen und verkehrt in den besten (bürgerlichen) Kreisen.

Im Jahre 1842 kam es dann zu einem Wendepunkt im Leben unseres Dichters: Der damalige Direktor der k. k. Hof- und Staatsdruckerei in Wien, Alois Ritter von Auer-Welsbach, holte C. A. Kaltenbrunner als Direktions-Adjunkt in sein Unternehmen nach Wien. Auer-Welsbach, der früher Gerichtsdolmetsch und Lehrer der italienischen Sprache am k. k. Lyzeum in Linz war, kannte Kaltenbrunner durch seine Dichtungen und schätzte ihn wegen seiner hohen Bildung und seiner charakterlichen Eigenschaften.
In der Staatsdruckerei Wien wurde Kaltenbrunner Chef der Direktions- und Rechnungskanzlei und führte die vielen und umfangreichen Administrationsgeschäfte der Anstalt. In Abwesenheit des Direktors Alois Auer war er dessen Stellvertreter. Infolge seiner gepflegten Umgangsformen sowie seiner menschlichen und verständnisvollen Art wurde er von seinem untergeordneten Kanzleipersonal sehr geschätzt und verehrt.

Im sonst eher ruhig dahinfließenden Dienstleben Kaltenbrunners trat im Revolutionsjahr 1848 allerdings eine jähe Wendung ein:
Die nach der erzwungenen Kapitulation der Regierung Metternich am 13. März verliehene Konstitution und Pressefreiheit durch Kaiser Ferdinand l. wurde zunächst von der ganzen Bevölkerung mit ungeheurem Jubel begrüßt. An alle Staatsgebäude, so auch an das Staatsdruckereigebäude in der Singerstraße und Seilerstätte wurden Plakate mit großen Lettern des Inhalts "National-Eigentum" angebracht. Auch verschiedene Straßen wurden umgetauft, z. B. der Michaelerplatz erhielt den Namen "Konstitutionsplatz" (der Volksdichter Friedrich Kaiser verkündete damals hoch zu Roß am Michaelerplatz der versammelten Volksmenge die vom Kaiser verliehene Konstitution), die Herrengasse wurde in "Freiheitsstraße" umgewandelt, da dort die ersten Freiheitsopfer fielen. Die bei der alten Universität (Aula) befindliche Bäckerstraße wurde in Märzstraße umgetauft, weil am 13. März die Studenten vom Universitätsplatz durch diese Straße zum niederösterreichischen Ständehaus (Landhaus) zogen, und so wurden verschiedene Plätze und Straßen, den Vorkommnissen entsprechend, umgetauft.

Binnen weniger Tage war alles erreicht, was die Liberalen gefordert hatten. Erkämpft wurden die "Märzerrungenschaften" allerdings vom Volk, von den demonstrierenden Arbeitern, Kleinbürgern und Studenten.

Leider war es nur ein schöner Traum, der allzu bald seine Zerstörung fand!
Zu groß war die Enttäuschung, als das politische Ergebnis der Revolution, die versprochene Verfassung, verkündet wurde. Da sie ohne Volksvertretung erlassen wurde, bezeichnete man sie auch als "oktroyierte Verfassung".

In der Folge kam es zu dramatischen Entwicklungen, die mit der "Oktoberevolution" ihren traurigen Höhepunkt erreichten. Auch die k. k. Staatsdruckerei war in die Geschehnisse involviert und wurde mit großen Problemen konfrontiert. Gegen Ende der Revolutionszeit traten die damaligen Machthaber an die Direktion der Staatsdruckerei mit Druckaufträgen heran, die offensichtlich mit den Vorschriften einer Staatsanstalt unvereinbar waren, aber von ihrer Seite den Zweck verfolgten, daß deren Befehle und Verordnungen durch die Ausführung von Seiten der Staatsdruckerei ein offizielles Gepräge erhielten und dadurch im Volke glaubwürdiger erschienen.

Einige Weigerungen gegen Ausführung solcher Druckaufträge seitens der "Ultra-Schwarz-gelben" (kaiserlichst Gesinnten) Direktion der Staatsdruckerei führten zu so heftigen Zusammenstößen mit jenen Machthabern, daß nicht nur der Bestand der Anstalt, sondern sogar das Leben des Direktors Auer und seines Stellvertreters Kaltenbrunner gefährdet war.

Gegen Ende der Oktobertage war Wien schon ringsum von k. k. Truppen belagert und wurde zur bedingungslosen Kapitulation aufgefordert. Dies wurde jedoch von den Revolutionären abgelehnt, da eine Unterstützung des Aufstandes durch das herannahende ungarische Heer erwartet wurde. In dieser Situation erhielt Kaltenbrunner in Abwesenheit des Direktors Auers durch einen Offizier der Aufständischen, des Adjutanten Fenner von Fenneberg, den Auftrag, ein Flugblatt zu drucken, "worin die Wiener Bevölkerung zum Ausharren im Kampfe gegen die k. k. Truppen aufgefordert wurde, da die Brüder aus Ungarn (Insurgentenheer) schon über Schwechat gegen Wien vorrücken und uns zu Hilfe kommen. " Dieses in tausenden Exemplaren gedruckte Flugblatt wurde vom Stephansturm herabgeworfen, vom Wind in alle Richtungen getragen und auf diese Weise die Wiener Bevölkerung benachrichtigt. Die anfängliche Weigerung, diesen Druckauftrag auszuführen, hätte Kaltenbrunner bald das Leben gekostet, da ihm Fenneberg mit der sofortigen "Justifizierung" drohte.

Das ungarische Heer wurde jedoch von den k. k. Truppen zurückgeworfen; am 31. Oktober 1848 erfolgte die Einnahme von Wien und die Residenzstadt ist wieder fest in der Hand der Kaiserlichen.

Vom Jahre 1849 bis 1864 trat wieder die "vormärzliche Ruhe" im Dienst ein und für die Staatsdruckerei kam wieder eine Zeit der gedeihlichen Aufwärtsentwicklung. 1859 erfolgte Kaltenbrunners Ernennung zum Vizedirektor, dessen Agenden er allerdings schon von Anfang an ausübte.

Als der bereits amtsmüde gewordene Direktor Hofrat Dr. Alois Ritter Auer von Welsbach im Jahre 1865 in den Ruhestand trat, wurde Kaltenbrunner provisorisch mit der Leitung des großen Kunstinstitutes betraut.

Von da ab begann für ihn eine ruhelose, anstrengende und Gesundheit aufreibende Zeit, denn er hatte die Agenden des Direktors und Vizedirektors, in eine Person vereint, zu vertreten. Es war eine schwierige Epoche, in der Kaltenbrunner das provisorische Szepter übernahm. Denn konnte damals schon nicht der große, willensstarke Buchdrucker Auer nicht gegen Unbill weiter ankämpfen, umsoweniger war der Nichtbuchdrucker Kaltenbrunner, der Mann mit dem "goldenen Herz", dazu gewappnet, diesen Kampf zu bestehen. Die in der Zwischenzeit in großer Zahl gegründeten Privatbuchdrucker setzten alles daran, um die Ausführung der der Staatsdruckerei zugehörigen Amtsdrucksorten für sich zu erringen - was ihnen auch teilweise gelang.

Die Folge davon war ein schwerwiegender Auftragsrückgang in der Staatsdruckerei und das Personal konnte sich kaum so viel verdienen, um den Lebensunterhalt zu bestreiten. Es mußte an eine Personalreduktion geschritten werden. Gekündet wurde jedoch niemanden, dafür aber nahegelegt, "daß diejenigen, welche mit dem wegen Arbeitsmangel jetzt momentan eingetretenen geringeren Verdienste das Auslangen nicht finden, einstweilen sich auswärts um einen Platz umsehen sollen". Bei Verbesserung der Auftragslage bzw. Betriebssituation wurde den Betreffenden der sofortige Wiedereintritt zugesichert. Nach dieser Zusicherung traten viele Arbeiter, meist Familienväter, welche schon lange Jahre im Dienste der Anstalt waren, in Privatgeschäfte über. Schmerzlich berührte es Kaltenbrunner, diese treuen und langjährig gedienten Arbeiter scheiden sehen zu müssen.

Dieser für die k. k. Staatsdruckerei unbefriedigende Zustand dauerte bis nach dem unheilvollen Bruderkrieg 1866.
Die kriegsentscheidende Schlacht von Königgrätz war geschlagen; das österreichische Heer erlitt schwere Verluste und die Preußen rückten in Eilmärschen über Mähren gegen Wien vor.

Dem Direktor der Staatsdruckerei C. A. Kaltenbrunner oblag die Pflicht der Sicherung der Kreditpapiere und des Kreditmateriales, welches einen immensen Wert repräsentierte. Da man eine Einnahme Wiens durch die Preußen befürchtete, so musste alles in Kisten gepackt und nach der Festung Ofen in Ungarn expediert werden.

Infolge des Krieges entstand eine allgemeine Erhöhung der Lebensmittelpreise, weil man davon ausging, dass es zu einer längeren Belagerung Wiens kommen wird, welche die Zufuhr von Lebensmitteln absperren würde. So trachteten die Einwohner sich mit ausreichenden Lebensmitteln vorzusehen. Über Bitte Kaltenbrunners genehmigte das Finanzministerien sämtlichen Mitgliedern der Staatsdruckerei Vorschüsse (die damals noch nicht so usuell waren), um sich ebenfalls für die Dauer einer möglichen Belagerung mit Proviant eindecken zu können.

Paradoxerweise wirkte sich dieser unglückliche Krieg auf die Staatsdruckerei günstig aus: Die Auftragslage verbesserte sich schlagartig mit dem Druck der vielen Toten- und Verwundetenlisten, der Armee-Verordnungsblätter, der Reichsgesetzblätter, einiger Anleihen etc. Und auch als Folge des Krieges - der Druck der Staatsnoten. Es herrschte wieder rege Tätigkeit in der Staatsdruckerei. Die wegen Arbeitsmangel Ausgetretenen konnten im Sinne der vom Direktor C. A. Kaltenbrunner gemachten Zusicherung wieder vollzählig zurückkehren.

Am 13. Oktober 1866 wurde der Direktor der Wiener Zeitung k. k. Sektionsrat Dr. Anton Beck zum Direktor der k. k. Hof- und Staatsdruckerei ernannt. Als er die Leitung der Anstalt übernahm, war diese wieder auf einem Niveau, wie sie Hofrat Dr. Alois Ritter Auer von Welsbach verlassen hatte.

Kaltenbrunner betrat wieder seinen eher bescheidenen Wirkungskreis als Vizedirektor der Staatsdruckerei an. Nach 24-jähriger in treuer Pflichterfüllung geleisteten Dienstzeit, in der die letzten Jahre besonders aufregend und anstrengend waren, glaubte er, das Definitivum als Direktor zu erlangen, zumal C. A. Kaltenbrunner damals der einzige humanistisch gebildete Mann dieser Kulturanstalt war. Als er sich aber in seiner Hoffnung getäuscht sah, war er zutiefst betroffen. Der ohnehin so stille und bescheidene Mann wurde noch zurückgezogener, fast menschenscheu und verbittert.

C. A. Kaltenbrunner starb am 6. Jänner 1867 nach kurzer Krankheit an den Folgen einer Darmverschlingung. Es wird ihm allseits bescheinigt, dass er das Muster eines Beamten war, der förmlich in seinem Beruf aufging und mehr leistete, als Pflicht und Gewissen es erforderten und sich selten Ruhe und Erholung gönnte.

Die Trauer um den allzu früh und so plötzlich Dahingeschiedenen war allgemein und die Teilnahme an dem Leichenbegängnis am 9. Jänner 1867 eine imposante. Ein nicht endenwollender Trauerzug mit dem gesamten Staatsdruckereipersonal und mit den Schriftsteller- und Künstlervereinen, wie "Concordia", "Hesperus", "Grüne Insel", "Eintracht", "Künstlergenossenschaft" etc. bewegte sich von seinem Wohnhaus Nr. 8 in der Salesianergasse zum Matzleinsdorfer Friedhof, wo er seine letzte Ruhestätte im Grab Nr. 2300 gefunden hat.

 


Die Ehrungen des Ennser Dichters Carl Adam Kaltenbrunner

Carl Adam Kaltenbrunner genoss schon zeitlebens in Dichterkreisen und in der Bevölkerung großes Ansehen. Er wurde nicht nur von den Bürgern seiner Vaterstadt Enns, sondern vom ganzen Land und auch von höchster staatlicher Seite ausgezeichnet und mit Ehrungen überhäuft:

o Die Gemeindevertretung seiner Vaterstadt ehrte ihn anlässlich des Abschiedes von Enns und seiner Berufung nach Wien im Jahre 1842 durch die Ernennung zum Ehrenbürger der Stadt Enns . C. A. Kaltenbrunner ist mit 38 Jahren der jüngste und 1. Ehrenbürger von Enns.

Sr. königliche Hoheit Herzog Maximilian in Bayern, der mehrere oberösterreichische Lieder Kaltenbrunners vertonte, zeichnete ihn 1846 durch die Verleihung der "Goldenen Medaille für Kunst und Wissenschaft mit dem Bildnisse des in Tönen und Worten dichtenden Prinzen" aus. 

o 1846 würdigte Kaiser Ferdinand das Schaffen C. A. Kaltenbrunners durch Überreichung einer kostbaren goldenen Dose. 

o 1867, dem Todesjahr, ehrte die Bürgerschaft von Enns Bürger den verstorbenen Dichter durch Anbringung einer Gedenktafel an seinem Geburtshaus in der Linzerstraße. 

o 1876 beschloss der Gemeinderat der Stadt Enns eine Gasse nach seinem Familiennamen zu benennen. 

Am 16.Oktober 1904 ehrte ihn die Gesamtbevölkerung Oberösterreichs durch die Aufstellung eines vom Männergesangsverein "Concordia" initiierten Denkmales in seiner Geburts- und Vaterstadt Enns.
Die Zeitungen Oberösterreichs und auch die Wiener Journale huldigen dem Dichter in langen Artikeln. 

Am 30. Dezember 1904, dem 100. Geburtstag des Dichters, fanden in den Theatern Oberösterreichs Festvorstellungen statt, in denen Schauspiele Kaltenbrunners  zur Aufführung gelangten. 

1905 Herausgabe des Sonderbandes "Karl Adam Kaltenbrunner - Ausgewählte Dichtungen" durch den Stelzhamer-Bund zum 100. Geburtstag des Dichters. 

Im Jahrbuch 1905 des "Pensions-Unterstützungsvereines der Mitglieder der k. k. Hof- und Staatsdruckerei" wurde ihrem ehemaligen Vizedirektor Carl Adam Kaltenbrunner eine große biographische Würdigung zum 100. Geburtstag in der Serie "Galerie denkwürdiger Personen" zuteil.

1954 Gedächtnisausstellung im Museum Enns und Kaltenbrunner-Abend der Liedertafel Enns.

1967, zum 100. Todestag des Dichters, Festveranstaltung in der Ennser Stadthalle unter Mitwirkung des Stelzhamerbundes und im Beisein von Verwandten und Nachkommen C. A. Kaltenbrunners. Bei dieser Ehrung wurden auch Szenen aus dem Drama "Die drei Tannen" aufgeführt.

1980, Ennser Kulturtage, Kranzniederlegung, Heimatabend in der Stadthalle und Kaltenbrunnerausstellung im Museum Lauriacum.

1999 Gründung der "Kaltenbrunner Runde Enns" auf Initiative von OMR Prof. Dr. Herbert Kneifel. Zweck des Vereines ist, das Erbe des Ennser Dichters, Schriftstellers und Dialektforschers Carl Adam Kaltenbrunner zu pflegen und wieder mit Leben zu erfüllen.

Dezember 2004: Herausgabe einer Gedenkmedaille zum 200. Geburtstag von Carl Adam Kaltenbrunner durch den Urenkel MR Dr. Ulrich Kaltenbrunner. Entwurf und Stahlschnittprägestöcke von Prof. Friedrich Mayr, Enns.

Dezember 2004: Präsentation der von der Kaltenbrunner Runde Enns veranlaßten Neuauflage des 1. Mundartgedichtbandes C. A. Kaltenbrunners "Oberösterreichische Lieder" zum 200. Geburtstag des Dichters.

Dezember 2004: Herausgabe einer "C. A. Kaltenbrunner - Sonderbriefmarke" durch das Museum-Lauriacum Enns.

30. Dezember 2004 - 200. Geburtstag des Dichters: Gedächtnisfeier beim Kaltenbrunner-Denkmal in Enns mit Kranzniederlegung durch die Nachkommen und Verwandten des C. A. Kaltenbrunner. Fackelzug mit der Ennser Pfadfinder-Gilde zum Museum Lauriacum und Eröffnung der C. A. Kaltenbrunner-Ausstellung.

 


Chronologie der oberösterreichischen Mundartdichtung

Die Mundartdichtung Österreichs hat ihre Wurzeln in Oberösterreich. Es war der 1723 in Neukirchen bei Lambach geborene Benediktiner-Ordenspriester P. Maurus Lindemayr, der sich - als bedeutender theologischer Schriftsteller und namhafter Dichter in hochdeutscher Sprache - als erster auch in Mundart zu dichten versuchte. Sein Hauptruhm ist vor allem in den mundartlichen Dichtungen begründet und so wird P. Maurus Lindemayr (1723 - 1783) zu Recht als Begründer und "Erzvater" der "obderennsischen" Mundartdichtung bezeichnet.Nach P. Maurus Lindemayr erfuhr dann im 19. Jhdt. die Mundartdichtung eine regelrechte Hochblüte und es waren in Oberösterreich an die 20 Dialektdichter, die bis Ende des 19. Jhdts. besonders hervortraten. Die besten unter ihnen waren zweifellos Franz Stelzhamer und Carl Adam Kaltenbrunner. War Stelzhamer der Repräsentant des Innkreises, so kann der Ennser Kaltenbrunner als Repräsentant des Traunkreises bezeichnet werden.

Es gibt kein weiteres Bundesland in Österreich, das seine Mundartdichter in Anthologien so geschlossen gesammelt hat, wie Oberösterreich. Das ist unbestritten das Verdienst jener beherzten Männer, die sich schon frühzeitig im Stelzhamer-Bund zusammengefunden haben. Ein besonderer Förderer und Befürworter dieser Idee war vor allem der Ennser Dichter, Schriftsteller und Dialektforscher Carl Adam Kaltenbrunner.

Aus diesem vorliegenden Fundus schöpfend, wird nun die Kaltenbrunner Runde Enns in ihrer Homepage die bedeutendsten Mundartdichter, beginnend mit dem "Vater" der "obderennsischen" Mundartdichtung, P. Maurus Lindemayr, beispielhaft zu Wort kommen lassen. Diese Zeitreise in die dichterischen Vermächtnisse von zwei Jahrhunderten (1800 - 2000) wird uns interessante Einblicke in die jeweils zeitgeschichtlichen Gegebenheiten aller Lebensbereiche ermöglichen und uns in manchmal drastischer Weise den ungeheuren Wandel auf allen Gebieten unseres Daseins offenbaren. In den Dialektgedichten früherer Zeiten stecken auch unzählige alte Mundartausdrücke, deren volle Bedeutung gerade in diesen literarischen Schöpfungen erkennbar wird.


Ausgewählte Mundartdichtungen oberösterreichischer Mundartdichter seit 1788

1788 -1850

Sebastian Haydecker

 

 

S' Bacherl

Wann s'Bacherl so wispelt,
Da kimmts má so für,
Als wann halt iazt d'Muadá
Grad rödát mit mir
Und sagát: Schau he da,
Wann má 'nBacherl nix thuat,
Da láft's fort so ruahli.
So stad und so guat.

Wirfst abár án Stoan drein,
Da halt ös sö auf,
Denn weil halt das Bacherl
Wird ghindert in Lauf.
Drum soll má den Bacherl
Boleibe nix thoan,
I sag dárs Bua, hüat di
Und wirf drein koan'n Stoan.

Und so, wia bein Bacherl
Wird's bein Leutn á sein,
Wann oans was dázöhln thuat
Und du wiafst á Wort drein,
Aft wern's hárb, das woaß i,
Sán glei áf dá Heh,
D'Leut sán halt wia s'Bacherl,
An iaden thuats weh.

 

Dá Mensch als Schutzengl

Kunnt i als Schutzengl
Dasein áf dá Welt,
I brauchát koan Flügerl,
I brauchát nur Geld.
I derfát so weit nöt
Wia d'Engerl umfloign
D' Leut kámán selm schan
Und tháten s' Geld holn.

Wia viel Leut jammern,
Sagn, d'Zeit'n sánd schlecht,
Da wá dá Schutzengl
Mit'n Geld wiedá recht;
Und thát i eahn helf'n
Wanns hät'n á Naoth,
Zu mir kámmán's alle
Ums Feld und ums Braod.

Da hät i mein Löbtá,
I woaß, gar koan Ruah
Und d'Leut wurd'n lachá
Und schmunz'n dazua.
Ös wurd á koan Mensch mehr
Nöt Helfgott mehr sagn,
Um mi, um's Schutzengerl
Da wurd alles fragen.

Da hät unsá Herrgott
À lange Zeit Ruah,
Und er wurd sö wohl denká:
Jatzt schau' enk halt zua.
Wann s' Stünderl zun Sterbn schlagt
Aft fallt's enk gwis ein:
Liabá Herrgott, hilf uns,
Werd's alle gwis schrein.

 

 

 

1802 - 1847

Josef Theodor Fischer

 

 

Dá Wald

 

O schená Wald, du bist mein Freud,

In dir válöb i all mein Zeit;

Du bist mein Lust, du bist mein Löbn,

Kann's Schenás auf dá Welt was gebn.

Sch e n ist dá Wald,

Mein Aufenthalt.

 

Wo findt i Fried, wo find i Ruah,

In' Wald, in Wald, den geh i zua;

In Wald váliert si all mein Schmerz

Da wird má weit und guat ums Herz.

W e i t ist dá Wald,

Mein Aufenthalt.

 

Was frag i viel nach Geld und Guat;

In Wald findt i mein'n frischen Muat,

In Wald da löb i froh und frei,

So lang i löb, bleib i eahm treu.

F r e i is dá Wald,

Mein Aufenthalt.

 

In Wald ruahr i auf lind'n Moos

Und's Vögerlgsang, auf das i los',

Da Kräutágruh, dö Bleamerl fein,

Wie liab, wia süaß schlaf i da ein.

F e i n ist dá Wald,

Mein Aufenthalt.

 

Und wann i aft süaß schlaf und trám,

So os's, als wann mein Mirzerl kám.

Da schaut's mi an so liab uind zart

Und streimelt má mein'n Backábart.

L i a b ist dá Wald,

Mein Aufenthalt.

 

Tiaf drin in Wald scheint zwar koan Sunn,

Da steht koan Herd, da rinnt koan Brunn,

Und denná ist már in mein'n Sinn,

I find mein Glück, mein'n Himmel drinn.

T i a f ist dá Wald,

Mein Aufenthalt.

 

Ás braust dá Sturm, ás zuckt dá Blitz,

Ás stürzt dá Bam, nöbn den i sitz;

Ás rollt dá Thar so wild und hohl,

Und denná thuats mein'n Herzn wohl.

W i l d ist dá Wald,

Mein Aufenthalt.

 

Und wann i stirb, stirb i in Wald,

Stirb wia dá Blitz von Himmel fallt,

Aft, greaná Wald, aft döckst mi zua,

In dir nur findt i Fried und Ruah.

S t i l l is dá Wald,

Mein Aufenthalt.

 

 

Dá Lanzing

 

I woaßs nöt, wias is, dass mi allweil was freut,

Und i han glei iatzundá mein schenáne Zeit;

Es ist má so wohl in mein'n Herz, in mein'n Sinn,

Als wann d'Engerl in Himmel á Nöst hätn drinn.

 

I kimm má grad für, ás wir a tragádá Bám,

Der thuat lang, s'wann á schlafát und hät án'n schen'n Trám,

Dáweil wachsn d'Botzn, má siacht eahms kám an,

Und dá Winta, der schleicht si schen hoamli dávan.

 

Ös kimmt dö warm Sunn, und mit ihr die schen' Zeit

Und alls, was á Löbn hat, das spürt aft á Freud,

Rundum wird all's muntá und höbt sö in d' Heh,

So dö Bleameln in Gras, so á s'Haserl in Klee.

 

Dö Bötzerl gehen auf und dá Bám wird voll Blüah,

Und so kommt oans ums andre, má woaß gar nöt wia.

Dá Frühling is kemma, was hat er má bracht?

Er hat már a Riegerl in Herzerl aufmacht.

Dá Trám is váschwunden, i woaß ja ganz gwiß,

Daß mi s'Mirzerl treu lieabt und mein Tausendschatz is,

Drum ist má so wohl in mein'n Herz, in mein'n Sinn,

Als wann d'Engerl in Himmel á Nöst hätn drinn.

1807 - 1867

Sylvester Wagner

 

D' Liab

 

À Liab, dö recht stark is,

Dö plodát nöt gern,

Wias d' á Wassá, das tiaf is,

Nöt rauschen wirst hern.

 

Wia dá Sunnstrahl z' Mittag

So schnurgrad und brennhoaß,

Kimmts hoamlá ins Herz

Wo's án'n Zundá drin woaß.

 

Und hats aften gfangá,

Váschlahts dá glei d' Röd,

Brinnt außá bán Augnán,

Do hern kannst ás nöt.

 

Abá d'Augn wern oan'n glanzád,

Wia Glas werns so hell,

Siagst duri und duri,

Siagst hin bis áf d' Seel.

 

Was braucht má da z'plampern

Wo márs ehntá schan siaht

Was drinát in Herzen

Alls fürgeht und gschiaht.

 

Drum denk i und sag i

Und b'haub á für gwiß,

Dáß á Liab, dö viel Gschmátz braucht,

Dö rechtö nöt is.

 

Bá dá Liab is's nöt woahr,

Wanns schriebná glei steht,

Dáß, vá was dá s' Herz voll is,

Dá Mund übágeht.

 

Du müaßátst ná grad

Öppát s'Busserln vástehn

Nu aften meintwögn

Mecht oan'n s'Mäul übágehn.

1812 - 1874

P. Marcus Holter

 

 

 

Dö heili Nacht

(Erzählung einer alten Bäuerin)

 

Às is do, wann má's recht betracht,

À schene Sach um dö heili Nacht.

Draußt pfeift dá Wind, alls dick fallt dá Schnee,

Wias halt dá Wintá treibt, má woaß voneh.

Schaut's enk abár á bißl um

Drin in dá warmá Stubn,

Da is's glei andás - d'Kindá hupfen und springán

Und lärmán und singán,

Und hellroth vor Freud dö Wángerl glosen,

Ös is wir á Garten vo lautá Rosen.

Wia kunnt's denn á nur andás sein?

Kimmt denn s'Christkindl nöt und lögt eahn was ein?

À Kind bin i á gwön, `s is freili schan á schene Zeit

Awá ös steht nix auf übá á rechte Kindáfreud,

Und wann Weihnachten kimmt, aft wir i gschwind

Auf án ötla Stund á kernfrischs Kind. -

Oan heili Nacht awá, wann i stoanalt wir,

Oane vágiß i mein Löbtá nia.

Das is gwön á ráre heili Nacht -

`s Christkindl hat uns was gnumá, anstat was bracht. -

Da schaut's - mein! Herts már á bißl zua,

Bis zu dá Mötten hamá ja Zeid nu gnua:

Da Vadá is mit'n Braun in d' Stadt einigfahrn,

Á so is ás gwehnt gwön seit vielen Jahrn,

Und wir á fort is, hamá graunzt und bitt:

Vadá, geh bring uns dert á was mit.

Da Vadá hat gschmutzt und uns hat zimmt,

Dáß á gwiß vo dá Stadt nöt lar hoamkimmt.

Auf d'Nacht hamá `n Rosenkranz bett,

I hab mi dazua völli á wengerl gneth't;

Denn mir Kindá ham gar so hart

Auf unsán liabn Vadán gwart't. -

Da fangt dá Hund draust z'belln an,

Mir alle zu dá Thür und i voran;

I hät má z'wöttn traut, ganz gwis,

Dáß's sinst neamd als dá Vadá is.

Und er is gwön, o mein, dö Freud!

Mir sán gsprungá wia nöt gscheid.

Er geht in d' Stubn, dá Huat und Pölz schneeweiß

Und dá Bart und d' Haar wia lautár Eis.

"Hán Vadá!" sagt d' Muadá, "heunt kimmst hübsch spat;

Du hast ja dert koan Unglück ghat?"

Da höbt dá Vadá an zun rödn:

"Ja, Weib, i bin halt hübsch lang wo gwön.

Und herts ámal, Kindá, das is á Gspoaß,

Heunt hab i gar nix!" - Mir wird kalt und hoaß:

"Geh, Vadá! Du thuast uns nettá zen'n". -

Mein Brüaderl höbt schier an zun Flen'n. -

"Háts nárrisch", sagt dá Vadá, "was kann i denn dáfür,

Wanns Christkindl selbá kimmt

Und mir engá Sach wögnimmt?"

"s' Christkindl?" - Mir schaun uns großmächti an. -

"Ja", sagt dá Vadá, "das is damit auf und dávan.

Und dámit `s ös glaubts ganz gwis,

Will i vázöhln, wie d' Gschicht gangá is.

Ös wißts - wia má außi kimmt für'n Wald,

Wo dá Wind so anmag, dá grimmi kalt,

Da steht in dá Mittn

Vor án kloan Gártl `n Pedán sein Hütt'n.

Sán er und sie gar rechtschaffne Leut,

Má hert `s ganze Jahr bei eahn vo koan'n Streit,

Sö schind'n und plagn sö halbs z'taod

Und gwingán für d' Kindá kám `s tägli Braod.

I fahr grad bei sein`n Häuserl für,

Da steht dá Pedá vor seiná Thür,

Awá ganz trauri und niedágschlagn. -

Wart, denk i, den muaß i fragn.

"Guadn Abnd, Pedá, wie geht's dá denn?"

Statt z`rödn, höbt ár an zun flen'n.

"Mein Herr", sagt á z'löst, "mit mir ist aus,

Koan'n Bissn Braod in ganzn Haus -

Und dázua mein Weib, das krank zun Sterbn -

Stirbt's, müassn d'Kindár und i váderbn.

Das is á traurige heili Nacht! -

Dá Geistli hat erst schan `n Herrgott bracht,

Leicht denn s` Christkindl á nu kimmt

Und ön Kindán eahn Muadá wögnimmt?

Was fang i aft mit'n Schüberl an -

Mit mir is's aus, i bi á gschlagná Mann." -

"Hau", sag i, "Pedá, was fallt dá denn ein,

Man muaß nöt so vázagt glei sein,

Á christligá Mann bist alleweil gwöst,

Unsa Herrgott hilft, das glaub ná föst,

Und z'löst wird alls wiedá recht,

Hat's ausgschaut z'erst á nu so schlecht.

I muaß dert á Bißl einischaun."

Drauf steig i a und heng ön Braun an Zaun. -

Was hab i gsegn drin, du liabá Gott!

Nix als Ölend und bittre Noth.

D'Kindá ohne Gwand, in Bett `s krank Weib,

Mir hat si `s Herz umdráht in Leib.

I schau's mit nassen Augn an,

Weil i den Leutln gar nöt helfen kann.

Da gibt má s' Christkindl án Gedánkár ein,

I glaub, ös wird nöt andás sein:

I han ja in Schlittn draußt alláhand,

Neue Schuah und á warms Wintágwánd,

Und, das hät i bald vágössen,

Dö bösten Sachán á zun össen. -

Und wann meine Kindá fragen, han i má denkt,

So sag i: I hab allás ön Christkindl gschenkt.

Denn, wias schan dáhoam ham glernt,

Und wia s' in dá Schul drin hernt,

So sagt Christus: "Was Ihr thut den Kleinen, das seh' ich an,

Als wäre es mir selbst gethan." -

So wernd sö á dámit z`frieden sein,

Und is`s nöt - nu, so káf i was andás ein.

Wanns awá gsegn häts, Kindá, dö Freud,

Und das Danká ghert vo dö guadn Leut,

Ös válangáts gwiß nix weitá mehr

Und sagáts: Gsögn eahns Gott, dá Herr!

Schauts, á so is's und drum han i nix bracht,

Ös is wohl so dö erste heili Nacht."

 

Da Vadá is stád gwön, d'Augn sán übágangá uns alln,

Um á Hals sámá eahm aft alle gfalln

Und ghalst und druckt ham má `n leicht á Viertlstund

Und dankt für dö Gab von Herzensgrund.

Und gschlafn ham má alle dö Nacht so guat -

S` muaß do s`Wohlthuan sein, was oan'n gar so wohl thuat.

Und d ö heili Nacht, wann i stoanalt wir,

Dö vágiß i mein Löbtá nia!

 

 

1812 - ?

Heinrich Reitzenbeck

 

 

 

Insá Löbn

 

Insá Löbn is á Mör -

Und dös treibt dá stark Wind;

Muaßt dö tummeln und rührn -

Odá untágehn gschwind.

 

Insá Löbn is á Tanz;

Ás wird pfiffn dázua;

Nachn Pfiff muaßt halt tanzn,

Aft bist dá recht Bua.

 

Insá Löbn is á Schul,

Wo öbbs siacht á dá Man,

Und wo Allsand wird glernt; -

Und dö Schand, wer nix kann !

 

Insá Löbn is á Buach,

Das is gschribn gar so schen; -

Awá weng thoan dö Blüamel

Und Sternderl vástehn.

 

Insá Löbn is á Föst,

Das dá Herrgott üns gát; -

Awá oan kemmán z'fruah

Und dö andán viel z'spát.

 

 

Trinklied

 

Trinká, das wolln má

Und d'Dirndln gern haben,

Und d'Sori, n' Kummá

In `n Krüagln begrabn.

 

Und Most thán má trinká,

Der hat und gát Schneid,

Und má wird ja, má gspürts ja,

Bein Most völli gscheid.

 

Wer `n Kopf hängá lasst

Da auf dá schen'n Welt,

Is á Narr, bleibt á Narr,

Hat á nu so viel Geld.

 

Denn geht á in Löbn

Glei oft manigs thala,

Ja, so daurts gar nöt lang

Is gschwind d'Sunn wiedá da.

 

Und s' Wölkerl, das finstá,

Is z'gangá in Schein:

Á Herz vollá Muath kann

Nöt trauri lang sein!

 

Trinká und singá

Und d'Dirndln gern haben,

Und d'Sori, `n Kummá,

In `n Krüagln begrabn.

 

 

Himml átzá

 

1.

Soll singá á Liad

In dá Stubn da herin?

Und dös brácht i nöt zwögn

Um woaß Gott für án `n Gwing!

 

Awá daust in dá Weit,

Da wird alls zu oan'n Liad,

Und da will i schen singá

So recht aus `n Gmüath.

 

2.

Dáß d' nöt kopfhängád wirst,

Ja koan'n Wunsch häng nöt na;

Wünsch dá nix - und dö Freud! -

Is af oanmal öbbs da!

 

3.

Vábei rinnt á Bácherl,

Und drin liegt á Stoan,

Hintán Gstaudrát vástöckt

Is á Haus ganz álloan.

 

Den kloanwinzingá Flök

Acht't koan Mensch nöt in Land,

Awá deant ham zwoa Leutl

Á Welt dort beinand.

 

4.

Schau! d' Sunn is schan unt,

Awár obn is's nu liacht,

In dá Heh mecht i sein,

Weil má d'Sunn längá siacht!

 

5.

Wer s´ kennt dö schen Welt,

Der hat s' sichár á gern,

Der thuat s´Blüemerl und s' Vögerl

Und s' Bacherl várehrn.

 

Denn á Geist vollá Liab

Is in alln vostöckt,

Und dásell is's, der d'Liab

In mein Herz einilögt.

 

6.

Wann má s'Dirndl nöt halsn

Und segn nettá kann,

Da is d'Liab grad á Schein,

Wir in'n Himmel dá Man.

Awá bußt má sein Dirndl

Und druckt s' bei dá Hand,

Da is Himmel und Sunn,

Liacht und Wörm schen beinand.

 

 

1813 - 1875

Rudolf Jungmair

 

 

 

D` Wünsch

 

Bein Ofntisch hintn

Dort sitzn eahn vier,

Sö raukán ganz gmüatli

Und trinkán eahn Bier;

 

Und wirs á so sitzn

Und d'Röd umágeht,

So rödns á von "Wünschn",

Was á niadá z'liabst hät.

 

"O mein!" sagt dá Hiasl,

"Dös wißat i bald!

I wünschát má nix

Als án'n so großn Wald,

 

Mit den i `n Traunstoan

Von obn bis in Grund

Bis áf dös kloanst Stoanl

Zu Kahl brenná kunt!"

"Und i", sagt dá Názl,

"I wunsch már á Gschloß.

So lang und so broat

Und so weitschichti groß,

 

Dáß dá Kali von Traunstoan

Weitaus hin nöt glangt,

Bis áfi in d' Heh,

Wo dá Dachstuhl anfangt."

 

"Und i", sagt dá Sepp,

"Wollt, dáß i so viel Geld fundt,

Mit den i den Wald

Und s'Gschloß zsammkaáfá kunnt."

 

"Und i", sagt dá Lenzl,

"I wünschát má schier,

Nan, i wünschát má nixi,

Als nu á Maß Bier!"

 

Da lacháns dö Andán:

Den Ösl schauts an!

So dumm is á, schreins,

Daß á s'Wünschn nöt kann!

 

 

1820 - ?

Franz Innbach (P. Ernest Wurm)

 

 

 

Dá Baurnfreund.

 

Dá Baur in Berg hat Schuldn gmua,

Das nimmt eahm oft ön Schlaf und d'Ruah.

Da suacht `n neuli oana hoam,

Der mecht gern rödn mit eahm ön Ghoam. (Geheimen)

"Du", dagt á, "guadá Freund i her,

Dir geht's mit `n Geld á bißl sper.

Vástehst, i bi á Mensch mit Geld

Und steh alloan da in dá Welt,

Du hast fünf Kinná und á Weib

Und i, i han á Herz in Leib,

Àn'n cristling Sinn und woaß recht guat

Wia bittá weh dö Geldnoth thuat.

Viertausend Gulden han i baar -

Zwögns Zahln, da hats dáweil koan Gfahr.

Na, wanns d' ás willst, i biat dá's an".

"Ja", sagt dá Baur, "Geld mag i schan".

Dár andá zöhlt eahm s'Geld iazt für

Und gibt eahm Födán und Papier

Und sagt: "Da nimm und untáschreib

Und sám di nöt und sags dein'n Weib,

Du woaßt, ös is á so dá Brau

Und i, i bi halt gar so gnau".

Und wir á d'Untaschrift hat ghat,

Aft gibt ár eahn den guatn Rath,

Sö sollns ja koan'n Menschen sagn

Und solln nöt lang umáfragn.

Denn d'Leut sö machán oan'n grad schlecht

Und nix, rein gar nix is eahn recht.

Dáweil dá Baur sein Geld betracht

Und juchátzt und án'n Kreuzsprung macht,

Da lacht dár andá. Sagt koan Wort

Und schleicht si wir á Spitzbua fort.

 

Jatzt soll i enk halt nu vázöhln,

Was `s weidá gwön is mit den Gsölln.

Àn `n guatn Freund den thuat má ehrn

Mà suacht ?n hoam und siacht `n gern,

á hat glei dös und das zán fragen

Und hin und wiedá was zán sagn.

Und der halt á dá guadö Narr,

Er bsuacht ön Baurn all Viertljahr.

Was s' ausgmacht ham dö zwen und grödt,

Das ham s' neamd gsagt, drum woaß igs nöt;

Àmal da kimmt á ganz áf d'Nacht

Und hat á hübschö Botschaft bracht.

"Du", sagt á, "herst du ziag iatzt aus,

I bleib statt deiná da ön Haus,

Dein ganzö Wirtschaft hat án End,

Koan'n Nagl kriagst mehr ön dá Wänd".

Und wir á gsagt hat, so is's worn

Dá Baur hats bittá gnua dáfahrn.

Wia hoaßt á denn, der Sákrawalt?

"Anstaubáteufl" hoaßt má `n halt.

 

 

1840 - ?

Franz Keim

 

Mei Lándl

  

I hab mei Lándl gar so gern

Es gfallt má halt so guat;

Es hat á greane Joppen an

Und tragt án'n stoanárn Huat.

 

Drei Treffá hab i gmacht dáhoam:

Mei Müaderl das nöt lüagt,

Mei Schnabel ist má gwachsen bráv,

Mei Dirnderl hab i kriagt.

 

Und deanát, wir i größá war,

Da hats mi außi triebn,

In d' weite Welt, in d' weite Welt

I bi nöt hocka bliebn.

 

Was hab i ghört? Was hab i gsegn?

Es ist án alte Gschicht:

Mei liabe kloane Welt dahoam

Hat do das schönste Gsicht!

 

Da gibtsá ganz á andre Sunn,

Da gibts ganz andre Stern,

Dá Teufel hol die ganz Welt!

I hab mei Lándl gern!

 

Mit`n Dampf

 

Mit'n Dampf bin i gfahrn

Dös war dár á Roas,

Dá' i denná nix schnellás

Mein Löbtá nöt woaß.

 

Und sundábar fahr'ns dá,

Ma woaß gar nöt wiea:

Als wanns stehn bleibn thátn,

So kimmts dá grad für.

 

Já - ganze Gründ

Höbts dá ná gleich

Und d'Bam dö flieagn

Da bein Fenstá vábei.

 

A Häusl, kám siagst ás,

So geht's schan dáhi -

Und alles dráht si

Just umá um di.

 

Já mein - mit'n Dampf,

Má woaß ja, wias wá,

Hät'st selba an'n Dampf,

Aft dráháts di á.

 

 

 

C.A.Kaltenbrunner
C.A.Kaltenbrunner